Bürgermeister Pesch: „Wir wollen die Westbahn so bald wie möglich“

Ratingen. Ein hochaktuelles Thema stand im Mittelpunkt des jüngsten „Dialogs Stadt/Wirtschaft“, einer Veranstaltungsreihe des Unternehmensverbandes Ratingen (UVR) und der Stadt Ratingen. Bei der 8. Auflage präsentierte Ralf Dammann, Abteilungsleiter für Angebots- und Infrastrukturplanung beim VRR, in diesem Rahmen die erfreulichen Ergebnisse der Westbahn-Machbarkeitsstudie, die erst wenige Tage zuvor fertig geworden war. Bei den Zuhörern im Museum der Stadt machte sich anschließend Aufbruchstimmung breit. „Wir wollen diese Bahn, und wir wollen sie so bald wie möglich“, sagte Bürgermeister Klaus Pesch. Der UVR-Vorsitzende Olaf Tünkers ergänzte: „Dies ist eine Riesenchance für Ratingen. Packen wir’s an!“

Das wichtigste Ergebnis der Machbarkeitsstudie: Die Reaktivierung des Personenverkehrs auf der so genannten „Ratinger Weststrecke“ ist baulich machbar, bezahlbar und volkswirtschaftlich sinnvoll. Der Nutzen für die Umwelt war ohnehin unbestritten. Die Studie zeigte aber auf, wie groß er voraussichtlich sein wird. Mehr als 1,5 Millionen Autofahrten zwischen Duisburg, Ratingen und Düsseldorf pro Jahr dürften durch einen S-Bahn-Betrieb auf der Ratinger Weststrecke auf die Schiene verlagert werden. Weiterhin errechneten die Gutachter: Der Nutzen der Westbahn ist so groß, dass sich sogar die hohen Investitionen von mehr als 100 Millionen Euro lohnen. Der so genannte Nutzen-Kosten-Indikator (NKI) liegt in allen untersuchten Planfällen (zum Teil deutlich) im Plus. Erforderlich für eine Förderung ist ein Wert über 1, die vier untersuchten Planfälle für die Westbahn liegen zwischen 1,2 und 1,85.

Die hohen Baukosten entstehen hauptsächlich dadurch, dass praktisch auf der gesamten Strecke zwischen Duisburg-Wedau und Düsseldorf-Rath ein drittes Gleis gelegt werden muss. Außerdem müssen Bahnhöfe am Sportpark Duisburg, in Duisburg-Wedau, Lintorf, Tiefenbroich und Ratingen-West errichtet werden. In bestimmten Bereichen, zum Beispiel Lintorf, sind sogar zwei neue Gleise erforderlich, damit sich die Züge dort begegnen können.

Die Gutachter haben auch untersucht, welcher Zugbetrieb möglich bzw. sinnvoll ist. Es gab zwei so genannte Planfälle: einen 20-Minuten-S-Bahn-Takt und einen 30-Minuten-Regionalbahn-Takt. Für beides ist ausreichend Fahrgastpotenzial vorhanden. Die S-Bahn-Variante (Arbeits-Linienbezeichnung S61) hätte den Vorteil, dass sie über Düsseldorf hinaus bis Langenfeld verlängert werden und somit ab Düsseldorf-Rath im Zusammenspiel mit der S6 einen Zehn-Minuten-Takt schaffen könnte. Ralf Dammann: „Die S61 hätte eine Auslastung ähnlich der S6.“ Für den Ratinger Planungsdezernenten Jochen Kral ist klar, dass dies die Vorzugsvariante ist.

Der Nutzen der neuen S-Bahn für Ratingen liegt auf der Hand, könnten doch auf einen Schlag Lintorf, Tiefenbroich, Ratingen-West und Teile der Innenstadt direkt an den Schienennahverkehr angeschlossen werden. In Duisburg sieht es ganz ähnlich aus. Neben den bereits bestehenden Wohngebieten an der Bahn entsteht mit dem Projekt „Sechs-Seen-Wedau“ gerade ein ganz neues Stadtviertel. Es handelt sich um das größte Wohn-Neubauprojekt Nordrhein-Westfalens, und es liegt direkt an den Westbahn-Gleisen. Viele der künftigen „Sechs-Seen“-Anwohner werden übrigens erklärter- und erwünschtermaßen in Düsseldorf arbeiten, denn in der Pendler-Hauptstadt NRWs wird der Wohnraum seit Jahren knapp. Mit 7.000 Neubewohnern haben die Gutachter kalkuliert, es könnten aber noch 2.000 mehr werden, abgesehen davon, dass auf einer weiteren Fläche dieses riesigen Entwicklungsgebiets Hunderte Arbeitsplätze entstehen werden.

Somit überschneiden sich die Fahrgastpotenziale der Ratinger Weststrecke nur geringfügig mit denen des Rhein-Ruhr-Express (RRX), der parallel auf der Hauptstrecke zwischen Duisburg und Düsseldorf verkehrt. Denn wenn man erst von Wedau zum Duisburger Hauptbahnhof muss, um dort in den RRX umzusteigen, verlängert sich die Fahrzeit erheblich und wird vor allem gegenüber dem Auto unattraktiv. Zudem zeichnet sich ab, dass der RRX von Anfang an stark ausgelastet sein wird, die Ratinger Weststrecke wäre eine willkommene Entlastung.

Die strukturelle Verzahnung mit dem RRX hat andererseits den Nachteil, dass der Ausbau der Westbahn erst beginnen kann, wenn der RRX wie geplant fährt. Denn während der Bauarbeiten zwischen Düsseldorf und Duisburg werden die Güterzuggleise in Ratingen als Ausweichstrecke genutzt werden. Da kann nicht gleichzeitig auch dort gebaut werden. Die Gutachter peilen daher eine Inbetriebnahme der Westbahn im Jahr 2030 als realistisch an.

Gleichwohl sind sich die Vertreter der beteiligten Städte, des Kreises Mettmann und des VRR einig, dass die nächsten Planungsschritte so bald wie möglich eingeleitet werden sollten. Nächstes Ziel ist die Aufnahme in den ÖPNV-Bedarfsplan des Landes, der 2020/2021 vorgelegt werden soll. Um das zu erreichen, müssten die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie in einer deutlich aufwendigeren und detaillierteren Planung bestätigt werden. Die beteiligten Städte hoffen dabei auf die politische und finanzielle Unterstützung des Landes NRW.