Das Fahrrad siegt in allen Kategorien

Ratingen. Wie kommt man am schnellsten und günstigsten von Ratingen in die Düsseldorfer Innenstadt? Mit dem Auto, dem Fahrrad, mit der Straßenbahn oder der S-Bahn? Das wollten die Mitglieder der städtischen Projektgruppe Nachhaltigkeit wissen. Den Anlass bot eine Fachtagung im Malkasten an der Jacobistraße. Die wichtigsten Ergebnisse des Mobilitätschecks vorweg: Klarer Sieger bei der Schnelligkeit war die Kombination S-Bahn/Fahrrad, gefolgt vom Fahrrad als alleinigem Verkehrsmittel, das zudem einen unschlagbaren Kostenfaktor aufwies: null.

Vor dem Mobilitätscheck trafen sich die Mitglieder der Projektgruppe Nachhaltigkeit am Düsseldorfer Platz (v.l.n.r.): Martin Gentzsch mit seinem E-Smart, Lena Steinhäuser, Angelika Genieser, Egon Schuster und Manfred Kessel. Foto: Stadt Ratingen

„Mobilitätswende“, das ist einer der Schlüsselbegriffe in der Klimaschutz-Diskussion, die zuletzt so viel Fahrt aufgenommen hat. Die Rechnung ist sehr einfach: Jeder Weg, der nicht mit dem Benziner oder Diesel zurückgelegt wird, sondern zu Fuß, mit dem Rad oder mit Bus und Bahn, schont die Umwelt. Gleiches gilt für Elektro-Autos, sofern sie mit Ökostrom aufgeladen werden. Doch wie gut sind diese Verkehrsmittel, zum Beispiel auf der Hauptpendlerstrecke zwischen Ratingen und Düsseldorf? Die Antwort gab der Praxistest aus Anlass der 6. Kommunalen Nachhaltigkeitstagung NRW.

Dass man zu einer solchen Veranstaltung klimaschonend fährt, versteht sich von selbst. Also trafen sich zum Start am Düsseldorfer Platz: Umweltdezernent Martin Gentzsch mit seinem Elektro-Kleinwagen, die Fair-Trade-Beauftragte Lena Steinhäuser, die Fahrrad und S-Bahn nutzte, Manfred Kessel, Abteilungsleiter Umweltschutz, und Kommunikationsreferent Egon Schuster, beide mit dem Fahrrad unterwegs, sowie Angelika Genieser aus der Abteilung Umwelt- und Klimaschutz, die mit der U72 fuhr.

Das Rennen machte mit klarem Vorsprung Lena Steinhäuser. 26 Minuten von Tür zu Tür. Der entscheidende Vorteil bei der Kombi Fahrrad/S-Bahn: Man kann die Fahrtzeit mit dem Rad präzise kalkulieren und muss keinen Puffer einbauen, um die Bahn sicher zu erreichen. In fünf Minuten war Lena Steinhäuser in Ratingen-Ost, zwei Minuten später stieg sie mit dem Fahrrad in die S6, weitere 14 Minuten später in Düsseldorf-Wehrhahn aus, und von dort konnte sie gemütlich zum Tagungsort rollen.

Zehn Minuten nach Lena Steinhäuser stellten Manfred Kessel und Egon Schuster ihre Fahrräder vor dem Malkasten ab. Sie radelten die zehn Kilometer zügig, aber nicht zu angestrengt mit einer Reisegeschwindigkeit von ca. 20 km/h, wurden aber natürlich wie jeder Verkehrsteilnehmer durch Ampelstopps aufgehalten. Die gewählte Route über Reichswaldallee und Boskampweg unterhalb des Aaper Waldes bis zur Graf-Recke-Straße, dann über Brehmplatz und Franklinbrücke zum Ziel ist in weiten Teilen autofrei und angenehm zu befahren. Nach 36 Minuten leichtem Sport an der frischen Luft bestätigten sie auf den Punkt die Berechnung des Internet-Routenplaners.

Genau eine Minute nach Kessel und Schuster traf Umweltdezernent Martin Gentzsch am Tagungsort ein. In seinem Fall musste die Berechnung des Routenplaners deutlich korrigiert werden. Zwar hatte Gentzsch zunächst Glück und konnte ohne Stau durchfahren, dann aber verbrachte er eine weitere Viertelstunde mit der Parkplatzsuche und dem Fußweg vom Parkplatz zum Malkasten.

Angelika Genieser kam als letzte an. Sie hatte Pech. Die U72 um 9.12 Uhr, mit der sie fahren wollte, fiel aus, so dass sie die nächste Bahn nehmen musste. Zum Glück fährt die Stadtbahn im Zehn-Minuten-Takt, so dass Angelika Genieser nach 52 Minuten immer noch pünktlich am Tagungsort eintraf (in dieser Zeit sind fünf Minuten Wartezeit auf die eigentlich eingeplante Bahn einkalkuliert). Bei normalem Verlauf hätte sie nur fünf Minuten länger als Martin Gentzsch gebraucht.

Der zweite Faktor beim Mobilitätscheck sind die Kosten. Recht einfach zu berechnen sind die unmittelbaren Kosten der Fahrt(en) zur Tagung. Kessel und Schuster radelten natürlich gratis. Auch Lena Steinhäuser musste nichts bezahlen, da sie über ein Ticket 2000 verfügt. Martin Gentzsch hatte auch keine Treibstoffkosten zu tragen, da er das Auto am Vorabend an der heimischen Fotovoltaikanlage aufgeladen hatte. Allerdings fielen bis zum Ende der sechsstündigen Tagung 13,30 Euro an Parkgebühren an. Angelika Genieser schließlich musste zweimal ihr Viererticket Preisstufe B abstempeln, macht insgesamt 11 Euro.

Etwas schwieriger ist die Berechnung der Fixkosten (z. B. Versicherungen, Werkstatt, Wertverlust bzw. Kaufpreis…), die für jedes Verkehrsmittel anfallen. Nicht auf den Cent genau beziffert werden können sie beim E-Kleinwagen, aber selbst bei einem Ansatz im untersten Durchschnittsbereich dürften sie bei ca. 2000 Euro pro Jahr liegen, was, auf einen Tag heruntergebrochen, noch einmal Kosten von rund 5,50 Euro mit sich bringen würde. Lena Steinhäuser muss für ihr Ticket 2000 Stufe B im Abo 1295 Euro pro Jahr bezahlen, macht ca. 3,50 Euro pro Tag. Ein Fahrrad verursacht auch Kosten, diese dürften aber pro Jahr in der Regel im unteren dreistelligen Bereich liegen, sagen wir ein Euro pro Tag. Angelika Genieser muss außer ihrem Viererticket keine Fixkosten tragen. Unter dem Strich also: Auto: 18,80 Euro; Straßenbahn ohne Monatskarte: 11 Euro; S-Bahn/Fahrrad mit Ticket 2000: 4,50 Euro; Fahrrad allein: 1 Euro.

In der Klimabilanz liegt natürlich ebenfalls das Fahrrad vorn mit null CO2-Ausstoß. Für das E-Auto gilt das auch, aber nur, weil es an der Fotovoltaikanlage aufgeladen wurde. Die Fahrt mit S-Bahn oder Straßenbahn ist dagegen zurzeit nicht CO2-neutral zu haben, aber der Ausstoß liegt deutlich unter dem eines Pkw mit Verbrennungsmotor (dasselbe gilt übrigens auch für ein E-Auto, das mit herkömmlichem Strommix aufgeladen wurde) .

Fazit: Die Wahl des Verkehrsmittels kann sich sehr deutlich auf Geldbeutel und Umweltfreundlichkeit auswirken. Im Test lag das Fahrrad sogar in allen Kategorien vorn: Kosten, Umweltfreundlichkeit und sogar Schnelligkeit. Der gesundheitliche Mehrwert durch die 72 Minuten Bewegung (für Hin- und Rückfahrt) ist ein weiterer Faktor, der für das Fahrrad spricht.