Ein Jahr nach dem Anschlag: Immer noch große Solidarität

Ratingen. Ein Jahr ist es her, als am 11. Mai 2023 neun Einsatzkräfte der Polizei, Feuerwehr sowie des DRK in Ratingen-West Opfer eines furchtbaren Brandanschlags wurden. Den Jahrestag nehmen die Clubs motorradfahrender Polizisten und Feuerwehrleute, die Blue Knights und die Red Knights, zum Anlass für eine erneute Sternfahrt nach Ratingen, um ihre Solidarität mit den Betroffenen des Anschlags zu demonstrieren und um allgemein ein deutliches Zeichen gegen Angriffe auf Einsatzkräfte zu setzen. Genau eine Woche vor dem Jahrestag wurde die Ratinger Bürgerin Tanja Scholten wegen ihres ehrenamtlichen Engagements für die verletzten Einsatzkräfte mit der Johanna-Flinck-Medaille geehrt.

Die Ratingerin Tanja Scholten mit Feuerwehrchef René Schubert und Polizeihauptkommissarin Diane Dulischewski bei der Ehrung durch die Ratinger We-iter.

Am 11. Mai 2023 waren die Einsatzkräfte wegen eines übervollen Briefkastens zu einem Mehrfamilienhaus an der Berliner Straße gerufen worden. In der Annahme, eine hilflose Person retten zu können, hatten die Männer und Frauen die Wohnung des 57 Jahre alten Mannes und seiner Mutter gewaltsam geöffnet und betreten. Was dann passierte, ist noch heute unfassbar. Der Ratinger schleuderte den als Retter gekommenen Einsatzkräften eine große Menge Benzin entgegen und zündete es an.

Durch die folgende Explosion wurden alle neun Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte zum Teil lebensgefährlich verletzt.

Es folgten Stunden der Trauer und Hilfslosigkeit, sowohl bei Angehörigen der Blaulichtfamilie als auch bei Bürgerinnen und Bürgern aus ganz Deutschland. Dann meldete sich eine Ratinger Bürgerin: Auch sie hatte die zahlreichen Berichterstattungen über den Anschlag mit Fassungslosigkeit verfolgt und den Wunsch verspürt, ihre gefühlte Hilflosigkeit zu kanalisieren. Kurzfristig meldete sie eine Versammlung auf dem Ratinger Marktplatz für den folgenden Samstag, 13. Mai 2023, an und teilte dieses Vorhaben in den sozialen Medien.

Ihre Idee traf den Nerv der Ratinger Bürgerinnen und Bürger: So kam es dazu, dass mehr als 800 Menschen ihrem Aufruf folgten. Auch zahlreiche Einsatzkräfte der Ratinger Feuerwehr, des Deutschen Roten Kreuzes sowie der Polizei erschienen am Nachmittag und brachten Kerzen und Blumen mit, die auf dem Marktplatz niedergelegt wurden und zu einem großen Moment der gemeinsamen Anteilnahme führte.

Für dieses Engagement wurde am vergangenen Samstag, 4. Mai 2024, die Initiatorin Tanja Scholten vom Verein der Ratinger We-iter e.V. geehrt. Die Vorsitzende Hildegard Pollheim lobte in ihrer Laudatio die 37-Jährige dafür, dass sie, so wie Johanna Flinck einst selbst, Solidarität gezeigt und sich für andere eingesetzt habe.

Der bei der Verleihung ebenfalls anwesende Leiter der Feuerwehr Ratingen, Branddirektor René Schubert, sowie Kriminalhauptkommissarin Diane Dulischewski von der Pressestelle der Kreispolizeibehörde Mettmann gratulierten der Ratingerin herzlich für ihr außergewöhnliches Engagement. Die überwältigende Unterstützung für die betroffenen Einsatzkräfte aus weiten Teilen der Bevölkerung Ratingens und weit darüber hinaus, die damals folgte und bis heute anhält, nehmen Polizei, Feuerwehr und Rotes Kreuz mit tiefer Dankbarkeit auf.

Sichtbares Zeichen der großen Solidarität ist am Samstag, 11. Mai 2024, noch einmal eine Großaktion: Von vier Standorten in Nordrhein-Westfalen aus steuern die Motorradfahrer der Red Knights und der Blue Knights Ratingen an. In Breitscheid treffen sich alle und fahren ab 16 Uhr unter Polizeibegleitung weiter nach Ratingen-Mitte. Um 17 Uhr findet an der Erinnerungsstätte des Anschlags vor St. Peter und Paul eine Kundgebung statt. Günter Geukes, Vice-President der Blue Knights Niederrhein und Initiator der Sternfahrt, Erster Beigeordneter Patrick Anders in Vertretung des verreisten Bürgermeister Klaus Pesch sowie Feuerwehrchef René Schubert werden kurze Ansprachen halten.

Anschließend fahren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Konvoi zur Hauptfeuer- und Rettungswache am Voisweg. Die Startgebühren, die Einnahmen aus Verkäufen und Spenden werden allen Verletzten zugutekommen.

Ein Jahr nach dem Anschlag befinden sich diese in unterschiedlichen Stadien auf dem langen Weg der Besserung. Einige können wieder ihren Dienst versehen, andere befinden sich noch in Anschlussmaßnahmen zur Genesung.