Trotz Corona: In Ratingen drohen derzeit keine finanziellen Einschnitte

Ratingen. Wie kommt die Stadt Ratingen finanziell durch die Corona-Krise? Diese Frage stand – explizit oder mittelbar – gleich mehrfach auf der Tagesordnung der letzten Ratssitzung. Stadtkämmerer Martin Gentzsch erläuterte die Lage anhand von Zahlenentwicklungen. Und diese zeichnen ein bemerkenswert robustes Bild. Anders als befürchtet und sicherlich auch anders als in vielen anderen Kommunen, hat Ratingen die Chance, Einschnitte bei den öffentlichen Dienstleistungen oder gar bei den städtischen Investitionen zu vermeiden. Die Gründe für den Optimismus: ein extrem starker Jahresabschluss 2019 und eine aufgrund von Sondereffekten bis dato glimpflich verlaufende Gewerbesteuerentwicklung.

Die Gewerbesteuer als wichtigste Einnahmequelle Ratingens (und vieler Kommunen) war von Anfang an das große Sorgenkind schon zu Beginn der Corona-Pandemie. Denn wenn die Geschäfte der Unternehmen einbrechen, führt das zwangsläufig zu niedrigeren Steuerzahlungen. Die Rückgänge im Jahr 2020 wurden im Rahmen der bundesweiten Steuerschätzung im Mai auf 25 Prozent taxiert, erläuterte Kämmerer Gentzsch in der Ratssitzung beim Tagesordnungspunkt „Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die ortsansässigen Unternehmen und infolgedessen auf den städtischen Haushalt“, den die FDP-Fraktion beantragt hatte.

Tatsächlich haben bislang Ratinger Unternehmen Senkungen ihrer Steuervorauszahlungen für 2020 ungefähr in der geschätzten Größenordnung beantragt. Diese Herabsetzungen würden ein Loch von ca. 28 Millionen Euro in die 2020er Gewerbesteuerkasse reißen. Doch besteht die Gewerbesteuer nicht nur aus Vorauszahlungen, sondern auch aus Nachzahlungen für Vorjahre. Und da hatte es zu Beginn dieses Jahres einen unerwarteten Einmaleffekt im Wert von 22 Millionen Euro gegeben. So geht Martin Gentzsch vorsichtig optimistisch davon aus, dass Ratingen den Haushaltsansatz bei den Gewerbesteuererträgen in Höhe von 108 Millionen Euro, den der Rat Ende 2019 eingeplant hatte, trotz Corona vergleichsweise nur geringfügig unterschreiten könnte. „Natürlich ist dies eine Momentaufnahme, aber wir können wohl einen Korridor zwischen 95 und 100 Millionen Euro anpeilen“, sagt Kämmerer Gentzsch. „Wie es im nächsten Jahr weitergeht, werden wir im Dezember mit der Einbringung des Haushaltsplanentwurfs 2021 besser einschätzen können – auch auf der Basis der dann bekannten bundesweiten Novembersteuerschätzung.“

Der zweite Grund, weshalb sich Ratingen keine akuten Sorgen um seine Finanzausstattung machen muss, liegt in dem Jahresabschluss 2019, dessen Eckdaten Kämmerer Gentzsch ebenfalls in der Ratssitzung präsentierte. Unter dem Strich erwirtschaftete die Stadt Ratingen einen Überschuss von 51 Millionen Euro – damit erhöht sich die ohnehin schon sehr gut gefüllte Ausgleichsrücklage, mit der eventuelle künftige Corona-bedingte Unterdeckungen im städtischen Haushalt kompensiert werden können. Ratingen kommt nun auf eine Eigenkapitalquote von 52 Prozent, die im landesweiten Vergleich ihresgleichen sucht.

Dies bedeutet: Selbst wenn die Corona-Krise in diesem Jahr oder auch danach dazu führen sollte, dass die geplanten Ausgaben nicht durch die laufenden Einnahmen gedeckt werden können, hat die Stadt Ratingen sehr hohe Reserven, um etwaige Liquiditätsengpässe und Ergebnisunterdeckungen über einen längeren Zeitraum zu überbrücken.

Beim Beschluss des Haushaltes 2019 war dieses enorme Plus nicht absehbar. Auch in diesem Fall war die Ursache eine Sondernachzahlung bei der Gewerbesteuer, über die Kämmerer Gentzsch den Rat bereits im ersten Quartal 2019 informiert hatte.

„Diese Zahlen zeigen die außergewöhnlich guten und soliden Finanzgrundlagen der Stadt Ratingen“, sagt Bürgermeister Klaus Pesch. „Mit diesem Polster im Rücken haben wir die Chance, die Corona-Krise auch finanziell bewältigen zu können und im erforderlichen Rahmen in unsere Infrastruktur zu investieren.“ Pesch erinnert exemplarisch an das laufende Großvorhaben, ganz Ratingen durch die Stadtwerke-Tochter KomMITT mit Glasfaserleitungen für ultraschnelles Internet zu versorgen. „Diese inzwischen mehr als 60 Millionen Euro zahlen sich jetzt erkennbar aus. Nur so war es möglich, jetzt schon alle unsere Schulen mit Gigabit-Internet zu versorgen.“ (Hinweis: Die Christian-Morgenstern-Schule folgt 2022, wenn mit dem Anschluss Hombergs der flächendeckende Glasfaserausbau abgeschlossen wird.)