3 neue Stolpersteine in Ratingen gegen das Vergessen verlegt

Nach über 2 Jahren Vorbereitung hat der LionsClub Ratingen mit dem Jugendverband der Leos die Patenschaft für 3 Opfer des Nationalregimes übernommen. Im Beisein des Bürgermeisters Pesch, Vertretern des Jüdische Kulturverein „Schalom“ Ratingen e.V., Stadtverband der Gehörlosen, Düsseldorf, Schüler und Lehrer des Rheinisch-Westfälisches Berufskolleg Essen (größte Förderschule für Gehörlose und Schwerhörige in Deutschland.) und weiteren Interessierten wurden die Feier abgehalten. Auch Verwandte eines der Opfer, Otto Amuel, waren anwesend.

Stolpersteine: Am Marktplatz 17, Obertorstr 22, Am Birkenkamp

Stolpersteine werden durch die Initiative des Künstlers Gunter Demnig seit 1992 verlegt. Aktuell sind es in rd. 25 Ländern rund 80.000 Steine. Es handelt sich um das größte dezentrale Mahnmal der Welt.
„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist. Mit den Steinen vor den Häusern wird die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst hier wohnten“, so der Künstler, der pandemiebedingt selbst nicht erscheinen konnte. Auf die Frage, warum die Steine Stolpersteine genannt werden, sagte Herrn Demnig einmal „……man stolpert nicht und fällt hin, man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen.“ Der Betrachter schaut nach unten und verneigt sich dabei.

Mitglied des LionsClubs Ratingen, Jens Thomas, erläuterte in seiner Ansprache, dass nach bereits 12 bestehenden Stolpersteinen, alle zu Ehren jüdischer Opfer, diesmal 3 Steine nicht jüdischer Opfer ausgesucht wurden. Dies hat 2 Gründe. Zum einen muss das Opfer den letzten freiwilligen Wohnort in Ratingen gehabt haben, um einen Stolperstein zu bekommen, dies war bei allen Recherchen nicht der Fall. Viele Juden lebten während der Zeit des Nationalsozialismus nicht mehr in Ratingen, zogen weg, waren bereits auf der Flucht.

Zum anderen wollte der Club betonen, dass Opfer des Naziregimes auch aufgrund unterschiedlichster Biographien aus der anonymen Masse von Opfern heraustreten sollen.

Bei diesen drei handelt es sich um verschiedene Opfergruppen:
1) um den als „Verbrecher“ angeklagten Otto Amuel, einem Gehörlosen, der als gelernter Schuhmacher Materialien zum Erstellen von Schuhen entwendete, um vom Verkauf der Schuhe leben zu können.1938 wurde er durch das Landgericht Leipzig als „gefährlicher Gewohnheitsverbrecher“: zu 3 Jahren Zuchthaus mit anschl. Sicherungsverwahrung verurteilt. Die Nationalsozialisten hingen der Idee an, dass Kriminalität genetisch bedingt sein könnte.
2) Es handelt sich ferner um den politisch nicht erwünschten Kommunisten Heinrich Röder Er wurde der Kuriertätigkeit für die in die Illegalität gedrängte KPD beschuldigt.
3) um den Homosexuellen Theodor Ropertz. Er wurde 1938 aufgrund des damaligen §175 StGB („widernatürliche Unzucht unter Männern“) verhaftet.

Jens Thomas begründete die aufgenommene Patenschaft zudem mit Auszügen aus der Rede des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker 1985 zum 40. Jahrestag des Kriegsendes. „Wir Älteren schulden der Jugend nicht die Erfüllung von Träumen, sondern Aufrichtigkeit. Wir müssen den Jüngeren helfen zu verstehen, warum es lebenswichtig ist, die Erinnerung wachzuhalten.“…………..“ . Wir lernen aus unserer eigenen Geschichte, wozu der Mensch fähig ist. Deshalb dürfen wir uns nicht einbilden, wir seien nun als Menschen anders und besser geworden. ….Wir haben als Menschen gelernt, wir bleiben als Menschen gefährdet. Aber wir haben die Kraft, Gefährdungen immer von neuem zu überwinden.“

Gerade in der heutigen Zeit muss an die nationalsozialistische Schreckenszeit erinnert werden, im Stillen, aber auch in der Öffentlichkeit, wie eben durch diese Verlegung, um Zeichen zu setzen und nicht zu vergessen. Gedenken ist nicht nur eine Fußnote. Ohne Erinnerung werden wir die Zukunft nicht finden. Wenn es diese Gedenkart nicht geben würde, müsste sie dringend ins Leben gerufen werden.

Der LionsClub wurde wissenschaftlich unterstützt durch das Stadtarchiv Ratingen (Herren Kleine Vennekate und Knappstein) und Herrn Dr. Fleermann, Leiter der Mahn- und Gedenkstätte, Düsseldorf, denen der Club sehr dankt.

Fotos: Lilli Thomas