Der dunkle Ort. Das Zuchthaus Hoheneck | Ein düsteres Kapitel der DDR-Geschichte

Regina Labahn wurde 1986 Opfer der SED-Diktatur. Heute ist sie die Stimme der ehemaligen politischen Häftlinge des Frauen-Zuchthauses Hoheneck. Der Bundestagsabgeordnete Peter Beyer unterstützt ihre Arbeit.

Regina Labahn wuchs in der ehemaligen DDR auf. 1984 wurden sie verhaftet. Zwei Jahre sitzt sie im Frauengefängnis Hoheneck in Stollberg (Sachsen) in der ehemaligen DDR. Ihr „Verbrechen“: Ein Ausreisegesuch in den Westen. Heute lebt sie im Kreis Mettmann. Von hier aus macht sie sich stark für die ehemaligen politischen Häftlinge des Frauen-Zuchthaues. Der Bundestagsabgeordnete Peter Beyer (CDU) unterstützt bereits seit 2018 die Arbeit des Frauenkreises der ehemaligen Hoheneckerinnen, dessen Mitglieder heute über die gesamte Bundesrepublik und im Ausland verteilt leben.

Noch immer leidet Regina Labahn (Mitte) an den Folgen ihrer Haft in Hoheneck. Sie habe lange gebraucht, um über ihre Erlebnisse zu sprechen, erklärt sie dem Bundestagsabgeordneten Peter Beyer (CDU) bei seinem Besuch in Stollberg, Sachsen. | © Peter Beyer.

Hoheneck ist ein dunkler Ort. 40 Jahre lang war die Burg das zentrale und größte Frauenzuchthaus der DDR. Noch heut macht die Anlage, hoch über dem Ort Stollberg im sächsischen Erzgebirge – nur wenige Kilometer entfernt von der Heiligenhauser Partnerstadt Zwönitz – einen einschüchternden Eindruck, schildert Beyer. Diese sammelte er bei seinem Besuch am vergangenen Wochenende im Rahmen der Gedenkstunde des Frauenkreises der ehemaligen Hoheneckerinnen. Beyer hielt dort die Gedenkrede. 30 Jahre nach dem Mauerfall wisse man noch immer viel zu wenig über den SED-Unrechtsstaat, so der Christdemokrat. Gerade das Erstarken der extremen politischen Ränder zeige, wie wichtig es sei, den nachwachsenden Generationen das Wissen um die deutsch-deutsche Geschichte weiterzugeben, um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu wahren.

Die Schilderungen der Frauen an diesem Tag seien düster gewesen und zeugten von den unmenschlichen Zuständen, die noch bis zum Ende der DDR im Jahr 1989 in Hoheneck herrschten. „Die Zellen glichen einer Gruft. Ob Sommer oder Winter – hier waren es immer nur acht Grad“, so die Beschreibung Labahns. Es fällt ihr sichtbar schwer, über die Erlebnisse an diesem Ort zu sprechen. Diskriminierung und Gewalt seien hier normal gewesen – gerade gegenüber politischen Gefangenen, die in Hoheneck ihre vermeintlichen Strafen gemeinsam mit Kinds-Mörderinnen, Gewalttäterinnen und anderen schwerstkriminellen Frauen verbüßen mussten, berichtet sie mit brüchiger Stimme. Die Zusammenlegung habe System gehabt. „In Hoheneck warst du einfach ein Nichts“, erklärt sie Beyer, als sie ihm ihre damalige Zelle zeigt.

Insgesamt 24 Frauen gaben sich am vergangenen Wochenende auf Hoheneck, als „Politische“ zu erkennen. „Wir werden nach jedem Treffen hier in Hoheneck mehr“, so Monika Schneider. Beyer kannte die Berlinerin bereits von einem Treffen im Bundestag. Damals hatte er gemeinsam mit der Bundesstiftung Aufarbeitung und seinem Bundestagskollegen Johannes Selle Gespräche für die Frauen organisiert, bei denen es unter anderem um die Anerkennung von Haftfolgeschäden ging.

Viele von ihnen hätten nach ihrer Entlassung – meist zum eigenen Schutz – die Erinnerungen an die Haftzeit verdrängt, berichtet Dr. Karl-Heinz Bomberg dem Politiker beim Rundgang auf dem Freihof des Zuchthauses. Der Facharzt für Psychoanalyse betreut heute Opfer der SED-Diktatur. Der Weg an den Ort der Pein sei sehr beschwerlich; manche Frauen könnten ihn nach all den Jahren immer noch nicht antreten, so der Arzt. Nach 1989 hätten, zumindest die, die im Osten des Landes lebten, erstmals über das, was ihnen widerfahren sei, sprechen können. Für alle Opfer sei es eine große Enttäuschung gewesen, dass man ihnen nicht glauben wollte, dass man ihre Geschichte nicht hören wollte und sie für ihre „Rehabilitation“ kämpfen mussten und immer noch müssen. „Wer sich in der DDR nicht unterordnete und widersprach, wurde ausgegrenzt, verleumdet und unschädlich gemacht“, weiß Bomberg aus eigener Erfahrung, auch er erfuhr in der DDR Repressionen.

Die Frauen, die eigens nach Stollberg angereist waren, leisteten einen unschätzbaren Beitrag zur politischen Bildung, so der Politiker. Denn unter anderem durch ihre Zeitzeugenarbeit erhielte die Öffentlichkeit Kenntnis und Verständnis über die Mechanismen und Folgen von Lüge, Desinformation, Gewalt, Einschüchterung, Erziehungsdiktatur und der Einschränkung von Freiheitsrechten, resümierte Beyer, der sich auch an den Schulen seiner Heimat Aufklärung wünscht.

INFO:

Der Frauenkreis der ehemaligen Hoheneckerinnen bietet regelmäßig und auf Nachfrage Zeitzeugengespräche für Jung und Alt an. Kontakt und weitere Informationen unter: www.frauenkreis-hoheneckerinnen.de