Schulentwicklungsplan aus Sicht der Ratinger Fraktionen

Ratingen. Die Bevölkerungsstruktur im polyzentrischen Ratingen ist im Wandel – Altersstrukturen und Einwohnerzahlen in den Stadteilen verändern sich. So ziehen ältere Menschen vermehrt in das Stadtzentrum, während sich junge Familien besonders stark in Hösel, Breitscheid und Lintorf ansiedeln. Zusätzlich werden im Ratinger Norden und im Zusammenhang mit der Westbahn weitere Wohnquartiere geschaffen. All dies hat wesentlichen Einfluss auf die Schullandschaft. Mit dem in der letzten Ratssitzung verabschiedeten Schulentwicklungsplan wird diesen Entwicklungen Rechnung getragen.

Das Thema Schule hat in den letzten Tagen viele in der Stadt bewegt – Eltern, Schülerinnen und Schüler, Lehrer, Politik und Verwaltung, alle waren im regen Austausch. Grund dafür waren die im Dezember eingebrachten Vorlagen zur Schulentwicklungsplanung – darin enthalten die wichtigen Anmeldezahlen und Zügigkeiten (Anzahl der Parallelklassen je Schuljahr) für die Grundschulen sowie für die Eingangsklassen an den Weiterführenden Schulen. Das Schulgesetz in NRW gibt dabei vor, dass gegenwärtige und mittelfristige Entwicklungen abzubilden und Klassengrößen gleichmäßig sind. Darauf aufbauend sind alle städtischen Schulen, Schulstandorte und Schulräume auf ihre aktuellen Auslastungen und zukünftigen Bedarfe hin zu überprüfen.

In den Vorlagen hatte die Verwaltung klare Empfehlungen für die Kommunalpolitik abgeleitet. „Eine solche Planung ist langwierig, aufwändig und bedarf sorgfältiger Analyse. Für die bereits in diesem frühen Stadium sehr detaillierten und differenzierten Handlungsempfehlungen loben wir die Verwaltung ausdrücklich“, so Oliver Thrun, stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender und schulpolitischer Sprecher der Christdemokraten.

Margret Paprotta – CDU Ratsdame und Vorsitzende des Schulausschusses ergänzt: “Unsere Aufgabe ist es dabei alle Schulen an allen Standorten mit einheitlicher Perspektive in den Blick zu nehmen und Fakten-basiert zu entscheiden. Der Rat ist deshalb mit breiter Mehrheit den Verwaltungsvorschlägen gefolgt und hat so den Weg zu jetzt anstehenden Beteiligungsverfahren geebnet”.

Das Schulgesetz NRW gibt dazu vor, dass die oberen Schulaufsichten die Schulträger – hier die Stadt Ratingen – beraten. Darüber hinaus sind Schulentwicklungsplanung und Jugendhilfeplanung aufeinander abzustimmen. Beteiligt werden auch sämtliche Schulen in städtischer Trägerschaft sowie die benachbarten Schulträger, also der Kreis Mettmann und die Nachbarstädte Ratingens.

“Wir sind sicher, dass wir am Ende des Prozesses die hohe Qualität des Ratinger Schulangebotes sichern und die richtigen Schulformangebote bedarfsgerecht in den einzelnen Stadtteilen stärken” – so Thrun weiter, der auch die vom Rat auf Antrag von CDU und BU getroffene Richtungsentscheidung im Hinblick auf die Realschulstandorte begrüßt. „So richtig und wichtig das Beteiligungsverfahren auch ist, begrüßen wir ausdrücklich, dass sich auf unseren gemeinsamen Antrag hin eine klare Ratsmehrheit für städtische Realschulstandorte in Lintorf und Mitte ausgesprochen hat, wodurch zudem das Schulzentrum West entzerrt und das dortige Gymnasium sowie die Gesamtschule zusätzliche Entwicklungsmöglichkeiten erhalten werden“, so Thrun abschließend.

GRÜNE zufrieden mit Ratsentscheidung zur Schullandschaft

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Ratingen begrüßen die Entscheidung des Stadtrates für die Standorte der städtischen Realschulen in Ratingen Mitte und Lintorf.

Die geplante Aufteilung entlastet das Schulzentrums West, das derzeit das Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium, die Martin-Luther-King-Gesamtschule und die Käthe-Kollwitz-Realschule beherbergt. Unmittelbar daneben liegt die Astrid-Lindgren-Grundschule.

Nach der neuen Planung ginge die Käthe-Kollwitz-Realschule sukzessive nach Ratingen-Lintorf, dadurch ergäbe sich mehr Freiraum im Schulzentrum West, der besonders von der stark wachsenden Gesamtschule, aber auch vom Gymnasium benötigt wird. In Lintorf würde mit der Käthe-Kollwitz-Realschule das schulische Angebot nachfragegerecht erweitert.

„Diese Umstrukturierungen der Ratinger Schullandschaft bieten besonders für die Schulzentren West und Lintorf neue Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten für die Zukunft“, so Barbara Esser, schulpolitische Sprecherin der Grünen im Stadtrat.

Mit dem Ratsbeschluss vom Dienstag, dem 13.12.2022, kann das gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsverfahren mit Behörden, Schulen und Eltern starten.

Schulentwicklungsplanung aus Sicht der SPD-Fraktion: Geht es so weiter, wird eine große Chance vergeben

Ratingen. Aus Sicht der SPD-Fraktion sind die Überlegungen der Verwaltung zur Schulentwicklungsplanung im Bereich der weiterführenden Schulen eine Enttäuschung, da die Zementierung des Status quo offenkundig im Fokus steht und handlungsleitendes Motiv ist.

Das große Problem von Ratingen im Bereich der weiterführenden Schulen, dass nicht jedem Kind in Ratingen ein für die individuellen Bildungschancen und -wünsche angepasstes Angebot vor Ort unterbreitet werden kann, wird nicht gelöst. Das Problem des Schulformwechsels nach der Orientierungsstufe aus dem Gymnasium zurück in eine andere Schule, wird überhaupt nicht angesprochen und die Verwaltung liefert auch keine Zahlen dazu. Wenn man sich aber an die Diskussion um ein Hauptschulangebot an der Friedrich-Ebert-Realschule erinnert, weiß man auch, dass in Ratingen die Zahl der Schulformwechsler besonders hoch ist.

Nach Ansicht der SPD-Fraktion sollte eine gute Schulentwicklungsplanung ambitioniert sein, über das bloße Sichern eines (unbefriedigenden) Status quo hinausgehen und auch einen mittelfristigen Planungshorizont abdecken.

Zu allererst gehört nach Ansicht der SPD-Fraktion in eine gute Schulentwicklungsplanung das Bekenntnis, jedem Kind in Ratingen ein für die individuellen Bildungschancen und -wünsche angepasstes Angebot vor Ort vorzuhalten und dafür eine entsprechende inklusive Schullandschaft zu bilden. Da mag die Stärkung des Realschulangebots in Lintorf zu Lasten von Ratingen West ein sinnvoller Baustein sein, der aber nicht losgelöst von dem gesamten Prozess der Beteiligung der Schulen beschlossen werden kann, zumal Wechselwirkungen zu beachten sind. Daher stimmte die SPD-Fraktion auch gegen diesen Vorschlag.

Zudem löst die Stärkung des Realschulangebots in Lintorf nicht das grundsätzliche Problem des fehlenden Angebots für Schülerinnen und Schüler mit Hauptschulbedarf. Aus Sicht der SPD-Fraktion kann und darf Ratingen seine Bildungsaufgaben nicht dadurch lösen, dass ein Teil der Schülerinnen und Schüler ins Umland geht. Wenn alle Umlandgemeinden dann auch Beschlüsse wie Ratingen selbst zu auswärtigen Schülerinnen und Schülern fassen, hätte Ratingen ein noch viel größeres Problem. Ratingen braucht ein integriertes Bildungsangebot für alle Bildungsniveaus und dieses kann aus Sicht der SPD-Fraktion nur durch eine weitere Gesamtschule gelöst werden. Eine weitere Vergrößerung der Gesamtschule in West – daher soll das Schulzentrum West ja auch entlastet werden – ist aus Sicht der SPD-Fraktion nicht die beste Lösung, zumal die künftigen Bedarfe sich primär im Norden des Stadtgebietes ergeben werden.

Diesen Blick in die Zukunft vermisst die SPD-Fraktion völlig in den bisherigen Unterlagen zur Schulentwicklungsplanung: Die erheblichen Planungen in Breitscheid nach dem neuen Regionalplan, die Siedlungsgebiete entlang der Westbahn, das Gelände Rehhecke, die Goldkuhle werden erhebliche Auswirkungen auf den Schulstandort Ratingen haben. Eine gute Schulentwicklungsplanung muss nach Ansicht der SPD-Fraktion dafür Antworten bieten. Traurig und ärgerlich zugleich, dass offenbar manch andere Fraktion wohl keine Antworten darauf benötigen, wie die SPD Fraktion in der Ratssitzung am Dienstag, leider feststellen musste.

Titelfoto: Adobe Stock Chinnapong