Restauriertes Glockenspiel läutet jetzt am Café Bös

Ratingen. 40 Jahre lang gehörte es fest zum Stadtbild und vor allem zum Klang der Stadt: Das Glockenspiel am Erker des ehemaligen Hotels Altenkamp am Markt ließ viermal am Tag, zu festgelegter Stunde, bekannte Volksweisen erschallen. 1973 hatte die Dresdner Bank, die ihre Ratinger Geschäftsstelle in demselben Gebäude hatte wie das Hotel Altenkamp, das Glockenspiel der Stadt geschenkt. Dann war es auf einmal nicht mehr da, abgebaut vor dem Abriss der Häuser Markt 17-20. Nun ist es wieder da, ein paar Meter weiter. Alexander Bös, Inhaber des Café Bös, hat das Glockenspiel fachgerecht restaurieren und modernisieren lassen. Nun hängt es an der Seitenfassade des Gebäudes Minoritenstraße 7 – in bester, exponierter Position, hoch über dem Eingang zum „Huberts“, der Außengastronomie des Café Bös. Am Donnerstag, 14. Juli, wurde in geselliger Runde der Neustart gefeiert.

„Freude, schöner Götterfunken“, „Am Brunnen vor dem Tore“, „Sah ein Knab ein Röslein stehen“, „Weißt du wieviel Sternlein stehen“ – eine Auswahl von Liedern, die früher regelmäßig auf dem Marktplatz erklangen. Zwölf Lieder beherrschte das mechanische Spielwerk, die im Wechsel zu hören waren. Viele Ratinger werden sich daran erinnern, aber nur diejenigen, die mindestens im Teenageralter sind.

Das Glockenspiel war auch ein Hingucker, jedenfalls ab 1977. Denn in jenem Jahr bekamen die neun Bronzeglocken einen neuen Hintergrund. Auf die Erkerwand, an der das Glockenspiel montiert war, wurden Kacheln angebracht, auf denen das Ratinger Künstlerpaar Heinrich und Margarete Tuttaß die Embleme der Handwerkszünfte aus der Innenstadt gestaltet hatten. Die 4,20 mal 2,20 Meter messende Plastik wurde von der Keramag und der Dresdner Bank gestiftet.

Vor rund zehn Jahren nahm der Umbau der Ratinger Innenstadt Fahrt auf. Das Stadtbild begann sich an zentralen Orten zu wandeln, städtebauliche Sünden der Vergangenheit wurden korrigiert, das alte Rathaus, das Kaufhaus Aufterbeck, das Hertiehaus, das Parkhaus Kirchgasse wurden abgerissen, um Platz für eine qualitätvolle Neuentwicklung zu machen. Manche Gebäude waren auch wegen ihrer mangelhaften Bausubstanz nicht sanierbar, zum Beispiel am Marktplatz 19/20. In allen Fällen gab es im Umfeld öffentliche Kunstwerke, die nicht mit den Gebäuden verschwanden. Die Brunnen an der Bechemer Straße und am Rathaus wurden gesichert und wieder aufgebaut, der Brunnen von der Kirchgasse zog nach seiner Restaurierung zum neuen Düsseldorfer Platz um. Einige Wahrzeichen des alten Rathauses erinnern nun an besonderen Stellen im neuen Rathaus an die Geschichte.

Als nachdrücklicher Hüter dieser kleinen und größeren Wahrzeichen unserer Stadt zeichnete sich in jenen Jahren Dr. Alfred Dahlmann aus. Er hatte einst als Stadtdirektor den Aufbau all jener Kunstwerke miterlebt, teils selbst initiiert, nun sorgte er als Ratsmitglied dafür, dass sie nicht in Vergessenheit gerieten.

So ist es auch maßgeblich Dr. Alfred Dahlmann zu verdanken, dass das Glockenspiel und die Kachel-Plastik vom Hotel Altenkamp vor dem Abriss des Gebäudes gesichert und zunächst eingelagert wurde. Denn zunächst gab es keinen guten neuen Standort für das Glockenspiel.

Dieser fand sich dann im Zusammenspiel mit Alexander Bös, der im Ratinger Brauchtum vielfältig und tief verwurzelt ist und sich dieses Ratinger Wahrzeichens aus Lokalpatriotismus annahm. 2017 wurde zwischen der Stadt und dem Inhaber des Café Bös vereinbart, dass dieser das Glockenspiel übernimmt, sanieren lässt und an der Seitenfassade des Gebäudes Minoritenstraße 7 aufhängt. Einige beschädigte Kacheln wurden bereits vor zwei Jahren durch die Künstlerfamilie restauriert, die Sanierung und Modernisierung des Glockenspiels war jedoch aufwendiger und verzögerte sich zudem aufgrund von Lieferschwierigkeiten bestimmter Materialien.

In der Werkstatt der Firma Korfhage & Söhne in Melle, die das Glockenspiel auch hergestellt hatte, erhielt dieses nun eine digitale Steuerung, die das musikalische Repertoire enorm erweitert. „Es ist mir eine Ehre und eine Herzensangelegenheit gewesen, das Glockenspiel wieder aus seinem Schlaf zu holen. Selbst mir sind die Klänge noch aus Kindertagen in fröhlicher Erinnerung im Ohr, da war die Freude schon groß, als wir den ersten Testlauf nach der Montage hatten“, so Alexander Bös. Das Glockenspiel erklingt nun täglich um 10, 15 und 18 Uhr.

Bürgermeister Klaus Pesch dankte Alexander Bös herzlich für sein heimatverbundenes Engagement: „Solche kleinen Wahrzeichen machen unsere Stadt so liebenswert. Für viele Ratingerinnen und Ratinger war dieses Glockenspiel ein fester Bestandteil des Stadtbildes. Ich freue mich sehr, dass es nun wieder sicht- und hörbar ist.“