Überfällige Entscheidung für bedarfsgerechten, nachhaltigen Wohnungsbau

In der eine Ratssitzung ersetzenden Hauptausschusssitzung am 11.05.2021 hat der Rat mit großer Mehrheit den gemeinsamen Antrag von CDU und SPD zum Wohnungsbau beschlossen. „Das war ein guter Tag für Ratingen“, meint dazu Christian Wiglow, SPD-Fraktionsvorsitzender.

In dem beschlossenen Antrag wird ein umfangreiches Maßnahmebündel gefordert, um eines der drängenden Probleme in Ratingen endlich einen Schritt weiter zu einer Lösung zu bringen, denn die Schaffung von bezahlbarem und öffentlich geförderten Wohnraum ist nach wie vor in Ratingen eine große Herausforderung, der es mit unterschiedlichen Hebeln zu begegnen gilt.

„Der Rat und seine Ausschüsse haben sich mehrfach intensiv mit der Situation auf dem Ratinger Wohnungsmarkt und möglichen Strategien zur Schaffung von mehr Wohnraum, darunter mit wesentlichem Anteil bezahlbaren bzw. öffentlich-gefördertem beschäftigt“, sagt dazu Christian Wiglow. „Leider waren bisher Beschlüsse, die bindend einen Anteil von öffentlich-geförderten Wohnraum vorsahen, nicht durchsetzbar“.

„Hinzu kommen verschiedene Beschlüsse in der Vergangenheit zur Erschließung neuer Optionen für bezahlbaren Wohnraum wie u.a. über Kindertageseinrichtungen, anderen sozialen Einrichtungen oder über Supermärkten, die umgesetzt werden sollen“, ergänzt Christian Wiglow.

Ratingen verfügt mit der WOGERA über einen potenten Akteur, der nicht nur nachhaltig preisgedämpften Mietwohnungen errichten und mit hoher Mieterzufriedenheit betreiben kann, sondern über die Tochtergesellschaft WG Wohnungsbaugesellschaft Ratingen mbH auch Eigentumsmaßnahmen für Schwellenhaushalte mit und ohne Förderung errichten kann. Zudem gebe es Interesse benachbarter Wohnungsgenossenschaften, ebenfalls in Ratingen zu investieren, die weitere Kapazitäten zur Verfügung stellen können.

„Andererseits könnte eine eigene städtische Gesellschaft als neuer Akteur im unmittelbaren städtischen Zugriff (Kapitalgesellschaft, Regie- oder Eigenbetrieb) eine wirksame Ergänzung sein, um direkt Belegungsrechte und ein nachhaltig günstiges Mietpreisniveau für den Bereich der Mietwohnungen zu erzielen“, meint Christian Wiglow. „Dabei könnten sich auch Vorteile im Zusammenspiel mit der städtischen Grundstücksbevorratung bzw. der Einbringung von Bestandwohnungen und der Bewirtschaftung/Instandhaltung ergeben“.

Bislang konnte sich noch keine Ratsmehrheit zu einer umfassenden Wohnungsbauinitiative durchringen. Diese Blockadesituation haben CDU und SPD mit Mut und Entschlossenheit beendet, weil der Bedarf und die Überwindung der Preisspirale nicht länger aufgeschoben werden darf.

Ziel ist es, nachhaltig bezahlbaren Wohnraum für die Zielgruppen des öffentlich geförderten und preisgedämpften Wohnungsbaus und für die gesamte Breite der Bevölkerung in einem lebenswerten Umfeld und unter Berücksichtigung sozialdemografischer, ökologischer und verkehrlicher Voraussetzungen herzustellen. Dabei ist ein bedarfsgerechter Mix aus langfristig preisgedämpftem, öffentlich gefördertem Mietwohnungsbau und Eigentumsmaßnahmen zu berücksichtigen.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurden jetzt endlich eine Quotierung von öffentlich geförderten bzw. preisgedämpften Wohnraum in geeigneten Bebauungsplänen beschlossen. Der Rat der Stadt Ratingen hat nun eine Selbstbindung beschlossen, in allen zukünftigen Bebauungsplanverfahren (bei Neuaufstellung und Änderung im Bestand) Flächen für den öffentlich gefördertem bzw. preisgedämpftem Wohnungsbau auszuweisen.

Als Zielvorgabe werden 30% der entstehenden Nettowohnfläche für öffentlich geförderten Wohnungsbau formuliert. Eine Mischung aus öffentlich gefördert und preisgedämpft ist auf den Einzelfall bezogen möglich. Preisgedämpfter Wohnungsbau bedeutet, dass die Mieten für die entstehenden Wohnungen sich an den Mietstufen nach § 12 Wohngeldgesetz orientieren (Ratingen aktuell Mietstufe 5); hilfsweise sollen die Kostenmieten zugrunde gelegt werden, die üblicherweise bei gemeinwohlorientierten Wohnungsbaugenossenschaften, deren Satzungszweck die kostengünstige Bereitstellung von Wohnraum ist, in der Neuvermietung in der Region Ratingen erzielt werden.

Die Inhalte dieses Beschlusses gelten für alle zukünftigen Bebauungsplanverfahren mit Beginn nach dem Ratsbeschluss.

Für Flächen, die sich im Eigentum der Stadt Ratingen befinden, beschließt der Rat der Stadt Ratingen, die Verwaltung zu beauftragen, Liegenschaften, auf denen mehr als zwei Wohneinheiten entstehen sollen, nicht ohne die Auflage einer Quotierung gemäß der Zielvorgabe zu 2.) a. zu verkaufen, vergeben oder zu verpachten.

Sollte es bei standort- und quartiersbezogene Besonderheiten geboten sein, individuelle Lösungen zu erarbeiten, so können diese unter Berücksichtigung des Angemessenheitsgrundsatzes nach § 11 Abs. 2 Baugesetzbuch zur Abwei­chung nach oben oder unten von der zuvor genannten Quotierung führen.

Zudem soll durch den Beschluss die Verwaltung das Grundstücksmanagement durch Direktansprache von Eigentümern intensivieren und ggf. personell stärken mit dem Ziel, die bereits erwähnten Reserveflächen aus dem Regionalplan und Bestandsgrundstücke (Brachen, überbaubare Handelsflächen, umnutzbare Büroflächen) zu aktivieren, soweit die Nutzung zu moderaten Marktpreisen sichergestellt werden kann. Sobald entsprechende Grundstücke zur Verfügung stehen, wird die Verwaltung beauftragt, die planungsrechtlichen Schritte für den Wohnbau vorzubereiten. Für eine zügige Realisierung erster Projekte wird die Verwaltung beauftragt, mit der WOGERA, an der die Stadt Ratingen bereits beteiligt ist, sowie bei darüber hinaus gehendem Baupotential mit weiteren Wohnungsbaugenossenschaften unserer Nachbarstädte Kooperationen mit Beteiligungsangebot einzugehen.

Des Weiteren wurde die Verwaltung beauftragt, die Gründung einer eigenen Wohnungsbaugesellschaft oder eines Eigen- oder Regiebetriebes vorzubereiten. Dabei soll auch die organisatorische Bündelung der wirtschaftlichen Aktivitäten der Stadt, Einbringung, Verwaltung/Instandhaltung von städtischem Wohnungs­vermögen, ertrags- und grunderwerbsteuerliche Aspekte und solche der Personalrekrutierung und Finanzierung, sowie Synergien mit der Kernverwaltung berücksichtigt werden. Erfahrungen des Neusser Bauvereins und der SWD aus Düsseldorf sollen auf ihre Übertragbarkeit auf Ratingen geprüft werden.